Das Wichtigste im Überblick
- Nach einem Hundebiss im Gesicht eines Kindes können in der Regel erhebliche Schmerzensgeldforderungen geltend gemacht werden.
- Hundehalter haften in der Regel verschuldensunabhängig nach § 833 BGB für Schäden, die ihr Tier verursacht – die Tierhalterhaftpflichtversicherung deckt in den meisten Fällen die anfallenden Kosten ab.
- Neben Schmerzensgeld können weitere Ansprüche wie Behandlungskosten, Verdienstausfall der Eltern und Entschädigung für bleibende Beeinträchtigungen entstehen, wobei für eine erfolgreiche Durchsetzung eine zeitnahe und umfassende Dokumentation entscheidend ist.
Bei Hundebissverletzungen im Gesicht eines Kindes können erhebliche Schmerzensgelder durchgesetzt werden. Die rechtliche Grundlage bildet § 833 BGB, wonach Hundehalter verschuldensunabhängig für Schäden haften, die ihr Tier verursacht. Die Beträge sind abhängig von der Schwere der Verletzung, bleibenden Narben und psychischen Folgen. Wichtig für eine erfolgreiche Durchsetzung ist die lückenlose Dokumentation der Verletzungen, des Heilungsverlaufs und aller entstehenden Kosten. Gerne beraten wir Sie bezüglich des Schmerzensgeldes im Detail.
Erleidet ein Kind durch einen Hundebiss Verletzungen im Gesicht, ist schnelles Handeln gefragt. Nach der medizinischen Erstversorgung sollten betroffene Eltern die Daten des Hundehalters und dessen Tierhalterhaftpflichtversicherung erfassen sowie Fotos der Verletzungen anfertigen. Neben dem Schmerzensgeld für die körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen können weitere Ansprüche bestehen: Behandlungskosten, kosmetische Operationen zur Narbenkorrektur, Verdienstausfall der Eltern und Entschädigung für langfristige Nachteile. Besonders bei Kindern berücksichtigen Gerichte auch die psychischen Folgen wie entwickelte Hundeangst oder soziale Probleme durch sichtbare Narben.
Wenn der Familienhund zum Risiko wird
Kinderlachen, Spielen im Park und plötzlich ein kurzer, erschreckender Moment: Ein Hundebiss im Gesicht eines Kindes gehört zu den traumatischen Erlebnissen für alle Beteiligten. Die medizinischen, psychischen und nicht zuletzt rechtlichen Folgen sind weitreichend und komplex. Besonders Gesichtsverletzungen bei Kindern sind doppelt belastend – einerseits durch die körperlichen Schmerzen und potenziellen dauerhaften Narben, andererseits durch das psychische Trauma, das solche Erlebnisse hinterlassen können.
In Deutschland kommt es jährlich zu zahlreichen Hundebissverletzungen, die ärztlich behandelt werden müssen. Während die medizinische Erstversorgung natürlich absolute Priorität hat, stellen sich für betroffene Familien schnell rechtliche Fragen: Wer trägt die Verantwortung? Welche Ansprüche haben die Geschädigten? Wie wird ein angemessenes Schmerzensgeld ermittelt?
Rechtliche Grundlagen bei Hundebissverletzungen
Tierhalterhaftung nach § 833 BGB
Die zentrale Rechtsgrundlage für Ansprüche nach Hundebissverletzungen bildet § 833 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), der die Tierhalterhaftung regelt. Diese Norm legt fest: „Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, der das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.“
Besonders wichtig ist hierbei: Es handelt sich um eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung. Das bedeutet, der Tierhalter haftet grundsätzlich für alle Schäden, die sein Tier verursacht – unabhängig davon, ob ihn persönlich ein Verschulden trifft. Der Hundehalter kann sich also nicht damit entlasten, dass er alle erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen getroffen hat oder der Hund zuvor nie aggressives Verhalten gezeigt hat.
Die Frage des Mitverschuldens
Bei Hundebissverletzungen im Gesicht bei Kindern wird regelmäßig die Frage aufgeworfen, inwiefern ein Mitverschulden des Kindes nach § 254 BGB vorliegen könnte. Gerade bei kleinen Kindern ist jedoch zu beachten, dass diese in der Regel nicht oder nur eingeschränkt deliktsfähig sind:
- Kinder unter 7 Jahren sind nach § 828 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht deliktsfähig und können somit kein Mitverschulden tragen.
- Kinder zwischen 7 und 18 Jahren sind bedingt deliktsfähig, wobei die erforderliche Einsichtsfähigkeit im Einzelfall zu prüfen ist.
Die Rechtsprechung ist hier in der Regel sehr zurückhaltend bei der Annahme eines Mitverschuldens bei Kindern, insbesondere wenn es um Hundebisse geht. Selbst bei älteren Kindern wird ein Mitverschulden meist nur in geringem Umfang angenommen, etwa wenn das Kind den Hund trotz ausdrücklicher Warnung gereizt hat.
Unterschied zwischen Tierhalter und Tieraufseher
Rechtlich relevant ist auch die Unterscheidung zwischen Tierhalter und Tieraufseher:
- Der Tierhalter ist derjenige, der die Bestimmungsmacht über das Tier hat, für seine Unterhaltungskosten aufkommt und den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Tier zieht. Er haftet nach § 833 BGB verschuldensunabhängig.
- Der Tieraufseher übernimmt hingegen nur vorübergehend die Aufsicht über das Tier (z.B. Hundepension, Hundesitter oder Familienangehörige, die den Hund ausführen). Für ihn gilt nach § 834 BGB eine mildere Haftung, da er sich entlasten kann, wenn er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat oder der Schaden auch bei Beachtung dieser Sorgfalt entstanden wäre.
Diese Unterscheidung kann besonders relevant werden, wenn nicht der Eigentümer des Hundes, sondern eine andere Person zum Zeitpunkt des Bisses die Aufsicht hatte.
Schmerzensgeld – Höhe und Bemessungsgrundlagen
Rechtliche Grundlage des Schmerzensgeldes
Schmerzensgeld bei Hundebissverletzungen wird auf Grundlage des § 253 Abs. 2 BGB gewährt. Es handelt sich dabei um einen Ausgleich für immaterielle Schäden, also für erlittene Schmerzen, psychische Beeinträchtigungen und ästhetische Einbußen durch Narben – besonders im Gesichtsbereich.
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:
- Art, Schwere und Dauer der Verletzungen
- Intensität der Schmerzen
- Dauer der Behandlung und eventuelle Operationen
- Bleibende Beeinträchtigungen und Narben
- Psychische Folgen wie Traumata oder Hundeangst
- Alter des Kindes (bei Kindern werden oft höhere Beträge angesetzt)
- Lokalisation der Verletzung (Gesichtsverletzungen werden höher bewertet als Verletzungen an anderen Körperteilen)
Weitere Schadensersatzansprüche neben dem Schmerzensgeld
Neben dem Schmerzensgeld können weitere materielle Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden:
- Behandlungskosten (inkl. Eigenanteile, Zuzahlungen, Fahrkosten)
- Kosten für kosmetische Operationen zur Narbenkorrektur
- Verdienstausfall der Eltern wegen Betreuung des verletzten Kindes
- Erhöhter Pflegeaufwand während der Genesungsphase
- Kosten für psychotherapeutische Behandlungen
- Kosten für Haushaltshilfen bei Betreuungsbedarf
- Zukünftige Beeinträchtigungen und Nachteile bei der Berufswahl
Praktische Tipps für betroffene Eltern
Sofortmaßnahmen nach einem Hundebiss
- Medizinische Erstversorgung: Zunächst steht die medizinische Versorgung im Vordergrund. Gesichtsverletzungen sollten immer ärztlich behandelt werden, idealerweise in einer Fachklinik für Gesichtschirurgie oder Kinderchirurgie.
- Dokumentation der Verletzungen: Lassen Sie die Verletzungen umfassend dokumentieren, idealerweise mit Fotos aus verschiedenen Winkeln und professionellen ärztlichen Berichten. Diese Dokumentation ist später für die Durchsetzung von Ansprüchen entscheidend.
- Daten des Hundehalters sichern: Erfassen Sie alle relevanten Daten des Hundehalters (Name, Anschrift, Telefonnummer) sowie Informationen zum Hund (Rasse, Größe, ggf. Chip-Nummer).
- Zeugen erfassen: Notieren Sie Namen und Kontaktdaten von Zeugen des Vorfalls.
- Polizei und Ordnungsamt informieren: Bei erheblichen Verletzungen sollte der Vorfall polizeilich gemeldet werden. Dies dient nicht nur der Beweissicherung, sondern auch der Überprüfung der Haltungserlaubnis für den Hund.
Durchsetzung von Ansprüchen
- Versicherungsansprache: Fordern Sie vom Hundehalter die Kontaktdaten seiner Tierhalterhaftpflichtversicherung an. Die Ansprüche sollten dann direkt gegenüber der Versicherung geltend gemacht werden.
- Anwaltliche Unterstützung: Bei schwerwiegenden Verletzungen ist fachkundige Rechtsberatung empfehlenswert. Ein im Haftungsrecht erfahrener Rechtsanwalt kann die angemessene Höhe der Ansprüche einschätzen und durchsetzen.
- Anspruchsschreiben: Fertigen Sie ein detailliertes Anspruchsschreiben mit Schilderung des Vorfalls, Verletzungsfolgen und konkreten Forderungen an.
- Vorschüsse einfordern: Bei längeren Behandlungen können Vorschusszahlungen auf das spätere Schmerzensgeld beantragt werden.
- Verjährungsfristen beachten: Ansprüche verjähren in der Regel nach drei Jahren zum Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Geschädigte davon Kenntnis erlangt hat.
Umgang mit der Versicherung des Hundehalters
Die Tierhalterhaftpflichtversicherung des Hundehalters wird in der Regel versuchen, die Ansprüche zu minimieren oder abzuwehren. Folgende Strategien können Ihnen helfen:
- Lassen Sie sich nicht vorschnell abwimmeln: Versicherungen bieten oft zunächst niedrige Vergleichsbeträge an. Diese entsprechen selten der angemessenen Entschädigung.
- Umfassende Dokumentation: Je besser die Verletzungen und deren Folgen dokumentiert sind, desto schwieriger ist es für die Versicherung, berechtigte Ansprüche abzulehnen.
- Alle Schadenspositionen erfassen: Neben dem Schmerzensgeld sollten alle materiellen Schäden detailliert aufgelistet und belegt werden.
- Gutachten einholen: Bei erheblichen oder strittigen Verletzungsfolgen kann ein unabhängiges medizinisches oder psychologisches Gutachten hilfreich sein.
- Keine vorschnelle Abfindungserklärung: Unterschreiben Sie keine abschließende Regulierungserklärung, solange die endgültigen Folgen der Verletzung noch nicht absehbar sind.
Checkliste: Vorgehen nach einem Hundebiss im Gesicht eines Kindes
Medizinische Maßnahmen
- Sofortige ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen
- Fotodokumentation der Verletzungen erstellen (direkt nach dem Vorfall und im Heilungsverlauf)
- Ärztliche Berichte und Befunde sammeln
- Nachbehandlungen konsequent wahrnehmen und dokumentieren
- Bei Bedarf: Überweisung zu Fachärzten (Kinderchirurgie, plastische Chirurgie) einholen
- Psychologische Unterstützung für das Kind organisieren
Rechtliche Schritte
- Daten des Hundehalters erfassen (Name, Anschrift, Telefonnummer)
- Informationen zum Hund notieren (Rasse, Größe, Aussehen)
- Zeugen des Vorfalls identifizieren und Kontaktdaten sichern
- Vorfall beim zuständigen Ordnungsamt/Veterinäramt melden
- Bei schweren Verletzungen: Polizei einschalten
- Tierhalterhaftpflichtversicherung des Hundehalters ermitteln
- Rechtsberatung einholen
- Anspruchsschreiben an Versicherung formulieren
Dokumentation und Beweissicherung
- Tagebuch über den Heilungsverlauf führen
- Alle zusätzlichen Kosten dokumentieren (Fahrtkosten, Medikamente, Eigenanteile)
- Verdienstausfälle der Eltern dokumentieren
- Psychische Veränderungen des Kindes protokollieren
- Alle Kommunikation mit Versicherungen schriftlich führen
- Betreuungsmehraufwand dokumentieren
Versicherungsangelegenheiten
- Eigene Krankenversicherung über Fremdverschulden informieren
- Erstattung von Zuzahlungen durch die Haftpflichtversicherung des Hundehalters anfordern
- Bei Ablehnung der Ansprüche: Rechtliche Schritte prüfen
Umfassende Ansprüche konsequent durchsetzen
Hundebissverletzungen im Gesicht bei Kindern stellen eine besondere Herausforderung dar – sowohl medizinisch als auch rechtlich. Die körperlichen und psychischen Folgen können gravierend sein und das Kind langfristig belasten. Die gute Nachricht: Das deutsche Recht sieht für solche Fälle eine strenge Haftung des Hundehalters vor, die in der Regel durch die Tierhalterhaftpflichtversicherung abgedeckt ist.
Für betroffene Familien ist es wichtig, von Anfang an systematisch vorzugehen: Umfassende medizinische Versorgung und lückenlose Dokumentation bilden die Grundlage für die spätere Durchsetzung angemessener Entschädigungsansprüche.
Neben dem Schmerzensgeld bestehen weitere Ansprüche auf Erstattung von Behandlungskosten, Verdienstausfall der Eltern und künftige Nachteile des Kindes. Wir empfehlen, diese Ansprüche fachkundig prüfen zu lassen und konsequent durchzusetzen – schließlich geht es um die langfristige Absicherung des betroffenen Kindes.