Zeitarbeit gekündigt worden

zeitarbeit gekündigt worden

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste im Überblick

Warum das Thema Zeitarbeit und Kündigung so relevant ist

Die Zeitarbeit hat sich in Deutschland zu einem wichtigen Segment des Arbeitsmarktes entwickelt. Zahlreiche Arbeitnehmer sind über Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt und arbeiten bei verschiedenen Kundenunternehmen. Doch was passiert, wenn Sie in der Zeitarbeit gekündigt worden sind? Welche Rechte haben Sie, und wie können Sie sich dagegen wehren?

Eine Kündigung in der Zeitarbeit bringt besondere rechtliche Herausforderungen mit sich. Das Arbeitsverhältnis besteht zwischen Ihnen und dem Zeitarbeitsunternehmen, während Sie bei einem Dritten – dem Entleihunternehmen – tätig sind. Diese Dreieckskonstellation führt zu komplexen rechtlichen Situationen, die sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber oft schwer durchschaubar sind.

Rechtliche Grundlagen der Zeitarbeit und des Kündigungsschutzes

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) als zentrale Rechtsgrundlage

Die rechtlichen Grundlagen für Zeitarbeit finden sich primär im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Dieses Gesetz regelt die Überlassung von Arbeitnehmern zwischen Verleihunternehmen und Entleihunternehmen. Nach § 1 AÜG liegt Arbeitnehmerüberlassung vor, wenn ein Arbeitgeber Arbeitnehmer anderen zur Verfügung stellt, die deren Arbeitsleistung in Anspruch nehmen.

Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Grundsätzlich gelten für Zeitarbeitnehmer dieselben Kündigungsschutzbestimmungen wie für alle anderen Arbeitnehmer auch. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) findet uneingeschränkt Anwendung, sofern die Voraussetzungen des § 1 KSchG erfüllt sind. Dies bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestehen muss und der Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.

Eine Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers oder durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. Bei Zeitarbeitnehmern stellt sich jedoch die besondere Frage, welche betrieblichen Erfordernisse eine Kündigung rechtfertigen können

Besonderheiten bei der Anwendung des Kündigungsschutzrechts

Die Anwendung des Kündigungsschutzrechts bei Zeitarbeitnehmern weist einige Besonderheiten auf. Der Betrieb im Sinne des KSchG ist das Zeitarbeitsunternehmen, nicht das Entleihunternehmen. Dies hat zur Folge, dass für die Betriebsgröße und damit für die Anwendbarkeit des KSchG die Anzahl der beim Zeitarbeitsunternehmen beschäftigten Arbeitnehmer maßgeblich ist.

Ein wichtiger Aspekt ist die Frage der betriebsbedingten Kündigung. Während bei normalen Arbeitsverhältnissen ein Wegfall von Arbeitsplätzen oder wirtschaftliche Schwierigkeiten eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen können, liegt bei Zeitarbeitnehmern der Schwerpunkt oft auf dem Wegfall von Einsatzmöglichkeiten.

Besondere Kündigungsarten in der Zeitarbeit

Kündigung wegen fehlender Einsatzmöglichkeiten

Eine der häufigsten Kündigungsgründe in der Zeitarbeit ist das Fehlen von Einsatzmöglichkeiten. Das Zeitarbeitsunternehmen ist grundsätzlich verpflichtet, dem Zeitarbeitnehmer Arbeit zu verschaffen. Kann es dies nicht, darf es aber nicht automatisch kündigen.

Die Rechtsprechung hat entwickelt, dass das Zeitarbeitsunternehmen eine angemessene Zeit lang versuchen muss, neue Einsätze zu finden. Wie lange diese Frist ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Dauer des bisherigen Arbeitsverhältnisses, der Qualifikation des Arbeitnehmers und der Marktlage.

Bei langfristigen Arbeitsverhältnissen wird vom Zeitarbeitsunternehmen erwartet, dass es den Arbeitnehmer auch über längere Zeit ohne Einsatz weiterbeschäftigt und dabei die Entlohnung fortsetzt. Eine sofortige Kündigung nach Beendigung eines Einsatzes ist daher oft rechtswidrig

Kündigung durch das Entleihunternehmen

Eine besondere Situation entsteht, wenn das Entleihunternehmen den Einsatz des Zeitarbeitnehmers beendet. Dies ist rechtlich gesehen keine Kündigung, sondern eine Beendigung der Überlassung. Der Arbeitsvertrag zwischen Zeitarbeitnehmer und Verleihunternehmen besteht grundsätzlich fort.

Das Verleihunternehmen darf nicht automatisch kündigen, nur weil ein Einsatz beendet wurde. Es muss vielmehr versuchen, alternative Einsatzmöglichkeiten zu finden. Gelingt dies nicht innerhalb einer angemessenen Zeit, kann eine betriebsbedingte Kündigung gerechtfertigt sein.

Verhaltensbedingte und personenbedingte Kündigungen

Verhaltens- und personenbedingte Kündigungen funktionieren in der Zeitarbeit grundsätzlich wie in normalen Arbeitsverhältnissen. Besonderheiten ergeben sich jedoch daraus, dass das Verhalten oft im Betrieb des Entleihunternehmens gezeigt wird.

Bei verhaltensbedingten Kündigungen muss das Zeitarbeitsunternehmen zunächst abmahnen, bevor es kündigen darf. Diese Abmahnung kann sich auch auf Verhalten im Entleihbetrieb beziehen, sofern das Zeitarbeitsunternehmen hiervon Kenntnis erlangt hat.

Personenbedingte Kündigungen kommen in Betracht, wenn der Zeitarbeitnehmer dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Auch hier gelten die allgemeinen Grundsätze des Kündigungsschutzrechts.

Praktische Tipps für betroffene Zeitarbeitnehmer

Sofortmaßnahmen nach Erhalt der Kündigung

Wenn Sie in der Zeitarbeit gekündigt worden sind, sollten Sie umgehend handeln. Die wichtigste Frist ist die dreiwöchige Klagefrist. Innerhalb dieser Frist müssen Sie eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen, wenn Sie die Kündigung für unwirksam halten.

Parallel dazu sollten Sie sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden. Dies ist wichtig, um Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld zu sichern und Sperrzeiten zu vermeiden. Die Meldung muss spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit erfolgen.

Sammeln Sie alle relevanten Unterlagen: Arbeitsvertrag, Kündigungsschreiben, Arbeitszeugnisse, Gehaltsabrechnungen und eventuelle Abmahnungen. Diese Dokumente sind für eine rechtliche Bewertung Ihres Falls unerlässlich.

Überprüfung der Kündigungsvoraussetzungen

Prüfen Sie genau, ob die formalen Voraussetzungen für die Kündigung eingehalten wurden. Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen und von einer vertretungsberechtigten Person unterzeichnet sein.

Achten Sie auch auf die Kündigungsfristen. Diese ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag, dem Tarifvertrag oder dem Gesetz. Bei Zeitarbeitnehmern gelten oft die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB, die sich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit richten.

Anspruch auf Weiterbeschäftigung durchsetzen

Wenn Sie eine Kündigungsschutzklage erheben, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum Abschluss des Verfahrens haben. Dieser Anspruch besteht insbesondere dann, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist.

Ein Weiterbeschäftigungsanspruch kann auch entstehen, wenn das Zeitarbeitsunternehmen andere Arbeitnehmer einstellt, während Ihr Kündigungsschutzverfahren läuft. In diesem Fall liegt eine Vermutung vor, dass Arbeitsplätze vorhanden sind.

Die Durchsetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs erfolgt durch einen entsprechenden Antrag im Kündigungsschutzverfahren oder durch eine separate einstweilige Verfügung.

Abfindungsverhandlungen führen

Auch wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung besteht, bieten viele Arbeitgeber in Kündigungsschutzverfahren eine Abfindung an, um eine einvernehmliche Lösung zu erreichen. Die Höhe einer Abfindung orientiert sich oft an der Formel „halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr“.

Bei der Verhandlung einer Abfindung sollten Sie verschiedene Faktoren berücksichtigen: Ihre Erfolgsaussichten im Kündigungsschutzverfahren, die Dauer bis zu einem neuen Arbeitsplatz und eventuelle Steuerbelastungen der Abfindung.

Eine qualifizierte anwaltliche Beratung kann Ihnen helfen, realistische Erwartungen zu entwickeln und die bestmögliche Lösung für Ihre Situation zu finden.

Checkliste: Was tun nach einer Kündigung in der Zeitarbeit?

Sofortmaßnahmen (innerhalb der ersten Woche):

  • Kündigungsschreiben genau prüfen (Form, Inhalt, Unterschrift)
  • Bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend melden
  • Alle wichtigen Unterlagen sammeln und sichern
  • Rechtliche Beratung in Anspruch nehmen

Mittelfristige Schritte (bis zur dritten Woche):

  • Entscheidung über Kündigungsschutzklage treffen
  • Klage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen
  • Anspruch auf Weiterbeschäftigung prüfen lassen
  • Mit der Jobsuche beginnen

Langfristige Planung:

  • Kündigungsschutzverfahren aktiv begleiten
  • Abfindungsverhandlungen führen
  • Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten erkunden
  • Qualifikationen erweitern oder anpassen

Wichtige Fristen beachten:

  • 3 Wochen für Kündigungsschutzklage
  • 3 Tage für Arbeitslosmeldung nach Kenntnisnahme der Kündigung
  • Ausschlussfristen für Lohnansprüche (meist 3–6 Monate)

Unterlagen sichern:

  • Originalarbeitsvertrag und alle Nachträge
  • Kündigungsschreiben im Original
  • Alle Gehaltsabrechnungen
  • Arbeitszeugnisse und Einsatznachweise
  • Korrespondenz mit dem Arbeitgeber

Ihre Rechte als Zeitarbeitnehmer wahrnehmen

Eine Kündigung in der Zeitarbeit ist oft mit besonderen rechtlichen Herausforderungen verbunden. Die komplexe Rechtslage zwischen Zeitarbeitsunternehmen, Entleihbetrieb und Arbeitnehmer erfordert eine differenzierte Betrachtung jedes Einzelfalls.

Wichtig ist zu verstehen, dass Zeitarbeitnehmer grundsätzlich dieselben Rechte haben wie andere Arbeitnehmer auch. Der Kündigungsschutz gilt uneingeschränkt, und auch Ansprüche auf Abfindung oder Weiterbeschäftigung können bestehen.

Wenn Sie in der Zeitarbeit gekündigt worden sind, sollten Sie Ihre Rechte konsequent wahrnehmen. Eine frühzeitige rechtliche Beratung kann dabei helfen, die bestmögliche Lösung für Ihre Situation zu finden und finanzielle Nachteile zu minimieren.

Wir bei D’ANTUONO Rechtsanwälte verfügen über umfangreiche Erfahrung im Arbeitsrecht und kennen die besonderen Herausforderungen, die Zeitarbeitnehmer betreffen. Gerne unterstützen wir Sie dabei, Ihre Ansprüche durchzusetzen und eine faire Lösung zu erreichen.

Häufig gestellte Fragen

Nein, das Ende eines Einsatzes berechtigt nicht automatisch zur Kündigung. Das Zeitarbeitsunternehmen muss zunächst versuchen, Ihnen einen neuen Einsatz zu verschaffen. Nur wenn dies über einen angemessenen Zeitraum nicht gelingt, kann eine betriebsbedingte Kündigung gerechtfertigt sein.
Die Dauer hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Länge Ihres bisherigen Arbeitsverhältnisses und Ihrer Qualifikation. Bei längeren Arbeitsverhältnissen (über einem Jahr) sind mehrere Monate üblich. Eine pauschale Antwort ist jedoch nicht möglich.
Ein gesetzlicher Abfindungsanspruch besteht grundsätzlich nicht. In der Praxis bieten viele Arbeitgeber jedoch eine Abfindung an, um Kündigungsschutzverfahren zu vermeiden. Die Höhe hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
Ja, wenn die Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes erfüllt sind (Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate, Betrieb mit mehr als 10 Arbeitnehmern), können Sie Kündigungsschutzklage erheben. Die Klage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden.
Die Beendigung eines Einsatzes durch den Kunden ist keine Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses. Ihr Arbeitsvertrag mit dem Zeitarbeitsunternehmen besteht fort, und dieses muss Ihnen weiterhin Arbeit anbieten oder Sie bezahlen.
Sie müssen grundsätzlich nur Tätigkeiten annehmen, die Ihrer Qualifikation und den vertraglichen Vereinbarungen entsprechen. Eine erhebliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen müssen Sie nicht hinnehmen.
Ja, Zeitarbeitnehmer haben die gleichen Ansprüche auf Arbeitslosengeld wie andere Arbeitnehmer. Wichtig ist, dass Sie sich rechtzeitig arbeitssuchend und arbeitslos melden.
Grundsätzlich ja, sofern keine besonderen vertraglichen Bindungen bestehen. Achten Sie jedoch auf eventuelle Konkurrenzklauseln und informieren Sie sich über die Auswirkungen auf Ihr laufendes Kündigungsschutzverfahren.
Die Kündigungsfrist richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen, dem anwendbaren Tarifvertrag oder den gesetzlichen Bestimmungen nach § 622 BGB. Bei der Berechnung der Betriebszugehörigkeit werden alle Zeiten beim Zeitarbeitsunternehmen berücksichtigt.
Sie haben Anspruch auf das gleiche Entgelt wie vergleichbare Stammbeschäftigte beim Entleihunternehmen. Bei Verstößen können Sie Nachzahlung verlangen und sich gegen eventuelle Kündigungen wehren.
Über den Autor:
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Giuseppe D'Antuono
Rechtsanwalt Giuseppe D’Antuono ist seit 2011 Fachanwalt für IT-Recht und seit 2012 Fachanwalt für Arbeitsrecht. Der Tätigkeitsschwerpunkt liegt im Arbeitsrecht (Kündigungen, Aufhebungsverträge etc.) und Sozialversicherungsbeitragsrecht (Scheinselbständigkeit, Gesellschafter-Geschäftsführer, Kommanditisten, Freelancer, Statusfeststellungsverfahren etc.) sowie in der Durchführung außergerichtlicher Schuldenbereinigungsverfahren.
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