Wenn eine Beziehung endet oder eine Scheidung erfolgt, muss geklärt werden, wer sich um die gemeinsamen Kinder kümmert. Wenn die Eltern sich nicht einigen können, muss ein Familiengericht eine Entscheidung treffen. Dabei spielt das Umgangsrecht eine große Rolle.
Das Umgangsrecht bezieht sich auf das Recht eines Kindes und seiner Eltern auf gegenseitigen Kontakt. Zusätzlich hat das Kind auch das Recht, wichtige Bezugspersonen wie Großeltern, Geschwister und Pflegeeltern zu sehen. Das Umgangsrecht kann nur unter bestimmten Voraussetzungen verweigert oder eingeschränkt werden. In unserem folgenden Beitrag informieren wir Sie über die Fragen, wie oft ein Elternteil das Kind sehen darf, wie das Besuchsrecht geregelt ist und unter welchen Bedingungen eine Verweigerung des Umgangs möglich ist.
Was ist das Umgangsrecht?
Das Umgangsrecht ist ein wichtiger Bestandteil des Familienrechts und wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Es legt die rechtlichen Grundlagen für den Umgang des Kindes mit seinen Eltern fest und ist klar vom Sorgerecht zu unterscheiden.
Wenn das Kind nicht mit beiden Eltern zusammen lebt, hat der nicht hauptsächlich betreuende Elternteil das Recht und die Pflicht, Zeit mit dem Kind zu verbringen. Dabei sollte einem auch bewusst sein, dass auch das Kind ein Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen hat, wenn der Umgang seinem Wohl entspricht. Die Frage, ob ein Umgangsrecht dem nicht betreuenden Elternteil gewährt wird richtet sich immer nach dem sog. Kindswohl. Nur wenn der Umgang dem Wohl des Kindes dient, kann er auch mit gerichtlicher Hilfe durchgesetzt werden. Dabei sollte jedem Elternteil bewusst sein, dass nicht nur Vater oder Mutter den Umgang mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen können, sondern auch das Kind selbst. Das betrifft meistens die Fälle, wenn der betreuende Elternteil den Umgang ablehnt oder aber nur nach seinen Vorstellungen durchführen will und sich nicht an Absprachen halten will.
Beeinträchtigung des Umgangsrechts dienen nicht dem Kindeswohl
Nur das Familiengericht kann das Umgangsrecht vollständig verweigern und einen Ausschluss anordnen, wenn eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt.
Besteht die Gefahr einer Kindeswohlgefährdung, muss zunächst geprüft werden, ob vor dem vollständigen Ausschluss des Umgangs, kein milderes Mittel ausreichend ist, da es hier auch um Grundrechte geht. Oftmals reicht eine Einschränkung des Kontaktes oder eine begleitete Umgangsregelung aus. Eigenmächtige Umgangsverweigerungen eines Elternteils sind nicht erlaubt. Auch ein Jugendamt ist nicht berechtigt, ohne richterlichen Beschluss einem Elternteil den Umgang mit seinem Kind zu verweigern. Auch wenn dies oft so von Jugendamtsmitarbeitern vermittelt wird.
Ein Kind hat das Recht auf Umgang mit beiden Elternteilen, und die Eltern sind sowohl berechtigt als auch verpflichtet, den Umgang zu ermöglichen. Sie müssen sich an eine Wohlverhaltensklausel halten und alles vermeiden, was die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil negativ beeinträchtigen könnte. Eigenmächtige Verweigerungen des Umgangs seitens des betreuenden Elternteils sind nicht rechtens.
Nur wenn das Kindeswohl gefährdet ist, kann das Familiengericht den Umgang ausschließen. Es ist wichtig zu beachten, dass das Umgangsrecht strikt vom Sorgerecht und Unterhaltsrecht getrennt ist. Auch hier berichten oft unterhaltspflichtige Elternteile, dass der betreuende Elternteil den Umgang von der Höhe des Unterhalts abhängig machen will. Das ist rechtswidrig!
Welche Bereiche umfasst das Sorgerecht?
Im Paragraph 1626 BGB wird die elterliche Sorge als Pflicht und Recht definiert, sich um ein minderjähriges Kind zu kümmern. Dies umfasst jedoch nicht alle Pflichten und Aufgaben der Eltern. Die finanzielle Unterstützung des Kindes, auch als Unterhaltspflicht bezeichnet, ist ebenfalls eine Pflicht der Eltern. Die Unterhaltspflicht besteht unabhängig von der Ausübung des Sorgerechts.
Im Mittelpunkt der elterlichen Sorge stehen die Pflichten der Eltern. Dabei ist es die Pflicht der Eltern das Kind zu schützen und es zu versorgen. Der Gesetzgeber teilt die elterliche Sorge in drei Bereiche auf: Personensorge, Vermögenssorge und gesetzliche Vertretung.
Die Personensorge umfasst alle Angelegenheiten, die die Person des Kindes betreffen, einschließlich Erziehung, Pflege, Beaufsichtigung, Wohnortbestimmung, Unterbringungen mit Freiheitsentzug sowie die Wahl der Ausbildung und des Berufs.
Die Vermögenssorge umfasst Handlungen, die mit dem Verwalten, Vermehren und Erhalten des Kindesvermögens zu tun haben, wie beispielsweise die Verwaltung von großen Geldbeträgen, Wertpapieren, Geschäftsanteilen und Grundbesitz. Dies wird auch als Vermögensverwaltung bezeichnet. Aber auch die Eröffnung eines Kontos fällt unter die Vermögenssorge
Die gesetzliche Vertretung umfasst alle rechtlichen Handlungen, die die Eltern für ihr minderjähriges Kind treffen. Diese Handlungen gelten nur für das Kind und beinhalten alle Rechte und Pflichten, die daraus resultieren, was sowohl Vor- als auch Nachteile haben kann.
Verschiedene Möglichkeiten beim Umgangsrecht: Vater und Kind im Kontakt
Das Familienrecht gibt keine genauen Angaben zur Dauer oder Art des Umgangs mit einem Elternteil. Es ist wichtig, dass die Eltern des Kindes sich um eine einvernehmliche Vereinbarung bemühen. Falls dies nicht möglich ist, kann das Gericht die Rahmenbedingungen festlegen, um das Umgangsrecht zu gewährleisten. In der Regel haben Vater und Kind bestimmte Tage in der Woche oder an Wochenenden Kontakt zueinander.
Die Umsetzung des Umgangsrechts hängt in der Regel von individuellen Absprachen innerhalb der Familie ab. Ältere Kinder können bereits mehrere Tage oder Wochen beim Elternteil verbringen, während das Umgangsrecht von Vätern mit Kleinkindern oft ohne Übernachtungen, sondern nur tagsüber oder stundenweise geregelt wird. Die beiden gängigsten Modelle sind das Residenz- und das Wechselmodell.
Das Residenzmodell
Das Residenzmodell ist die gängigste Methode, das Umgangsrecht zu regeln. Hierbei lebt das Kind dauerhaft bei einem Elternteil, während der andere Elternteil regelmäßige Besuche durchführt.
Das Wechselmodell
Das Umgangsrecht von Vater und Mutter kann auch durch das Wechselmodell geregelt werden. In diesem Modell verbringt das Kind etwa die Hälfte der Zeit bei der Mutter und die andere Hälfte beim Vater. Während des Umgangs wohnt es jeweils beim Elternteil. Das Wechselmodell wird normalerweise angewendet, wenn beide Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben und sehr gut miteinander kooperieren können. Dabei wird von beiden Elternteilen ein hohes Maß an Bindungstoleranz und Kommunikationsfähigkeit erwartet. Das Wechselmodell funktioniert in der Regel bei solchen Eltern, die die Paarebene verlassen haben und nur noch auf Elternebene kommunizieren.
Umgangsrecht des Vaters – Welche Rechte hat der biologische Vater?
Bis vor kurzem war es für biologische Väter ohne soziale Beziehung zum Kind nicht möglich, einen Anspruch auf Umgang mit ihrem leiblichen Kind geltend zu machen, falls es in einer anderen Ehe geboren wurde oder ein anderer Vater rechtlich anerkannt war. Der Umgang mit dem biologischen Vater war von der Zustimmung der Mutter abhängig, da nur diejenigen, die eine legitime Verbindung zum Kind hatten – wie Eltern, Großeltern, und andere Bezugspersonen – Umgangsberechtigte waren. Biologische Väter, die erst später von ihrer Vaterschaft erfuhren oder denen der Umgang von der Mutter verweigert wurde, hatten daher kaum eine Chance, ihr Kind zu sehen, da sie keine Bezugsperson im Sinne des Gesetzes für es darstellten.
Jedoch wurde das Umgangsrecht für biologische Väter ohne soziale Beziehung zum Kind seit dem 13.07.2013 gestärkt. Leibliche Väter haben nun die Möglichkeit, trotz anderem rechtlich anerkannten Vater, Umgang mit ihrem leiblichen Kind zu haben, wenn sie ein ernsthaftes Interesse an ihm haben und der Umgang dem Kindeswohl entspricht. Es ist jedoch erforderlich, dass der biologische Vater bereits Verantwortung für das Kind gezeigt hat.
§1686a BGB: Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters
„(1) Solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, hat der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat,
- ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient, und
- ein Recht auf Auskunft von jedem Elternteil über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, soweit er
- ein berechtigtes Interesse hat und dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Umgangsrecht des rechtlichen, nicht leiblichen Vaters
Auch der rechtliche, nicht leibliche Vater kann ein Recht auf Umgang mit dem Kind haben. Jedoch ist dies ausschließlich der Fall, wenn er zuvor eine sehr vertraute Beziehung mit ihm aufgebaut hat. Dies wird meist als möglich und wahrscheinlich gesehen, wenn der rechtliche Vater und das Kind zuvor zusammengewohnt haben.
Sind Sorgerecht und Umgangsrecht abhängig voneinander?
Das Umgangsrecht unterscheidet sich vom Sorgerecht, da beide unterschiedliche Ziele verfolgen. Jeder Elternteil, einschließlich der nicht sorgeberechtigten Elternteile, hat unabhängig vom Sorgerecht das Recht auf den Umgang mit seinen Kindern. Das Sorgerecht umfasst alle Belange, die das Leben eines Kindes betreffen, einschließlich der Pflichten der Eltern:
- Namensbestimmung
- Anmeldung in Bildungseinrichtungen (Kindergarten, Schule)
- Wahl der Bildungseinrichtungen
- Ausbildung des Kindes
- Religiöse Erziehung
- Aufenthaltsbestimmungsrecht
- Umgangsrecht
- Pflicht, medizinische Behandlungen zu veranlassen
In den meisten Fällen haben die Eltern gemeinsames Sorgerecht, entweder weil sie bei der Geburt verheiratet waren, nach der Geburt geheiratet haben, die Sorge gemeinsam übernommen haben oder das Familiengericht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam übertragen hat. Nur selten erhält ein Elternteil das alleinige Sorgerecht.
Umgangsrecht von Verwandten und anderen Bezugspersonen
Andere Verwandte und Personen können gemäß § 1685 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch das Recht auf Umgang mit dem Kind haben. Dies setzt voraus, dass es sich um enge Bezugspersonen handelt, die tatsächliche Verantwortung für das Kind tragen oder getragen haben und eine soziale und familiäre Beziehung zum Kind besteht. In der Regel wird angenommen, dass eine Übernahme der tatsächlichen Verantwortung vorliegt, wenn die Person längere Zeit mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat.
Folgende Personenkreise können als enge Bezugspersonen betrachtet werden:
Der frühere Ehepartner oder Lebensgefährte des Elternteils, sowie der neue Ehepartner oder Lebensgefährte, wenn bereits eine soziale und familiäre Beziehung zum Kind aufgebaut wurde.
- Der biologische, aber nicht rechtliche Vater.
- Pflegeeltern, bei denen das Kind längere Zeit in Familienpflege gelebt hat.
- Tanten, Onkel, Cousins oder Cousinen.
- Angeheiratete Großeltern, die nicht unter Absatz 1 der Regelung fallen.
- Freunde und Nachbarn.
Diese Personenkreise können nur dann das Recht auf Umgang fordern, wenn bereits eine enge soziale und familiäre Beziehung zum Kind bestanden hat oder immer noch besteht.
Es wurde vom Gesetzgeber nicht festgelegt, wie lange eine längere häusliche Gemeinschaft mit dem Kind dauern muss. Dies muss immer im Einzelfall betrachtet werden und hängt auch von der subjektiven Wahrnehmung des Kindes ab, die je nach Alter unterschiedlich sein kann. Gelegentliche oder vorübergehende Kontakte reichen nicht aus. Eine Zeitspanne von mindestens 6 Monaten kann als „längere Zeit“ angesehen werden.
Umgangsregelung – Wie oft darf das Umgangsrecht ausgeübt werden?
Das Gesetz gibt keine konkreten Vorschriften zur Ausgestaltung des Umgangsrechts vor. Es wird grundsätzlich erwartet, dass sich getrennte oder geschiedene Eltern gemeinsam über das Besuchsrecht und den Kontakt zum Kind einigen und individuelle Vereinbarungen treffen, die im besten Interesse des Kindes liegen. Die Häufigkeit und der Umfang der Besuche werden somit von den Eltern in Absprache festgelegt und hängen auch vom Alter des Kindes ab.
Eine gängige Regelung für das Umgangsrecht sieht wie folgt aus:
- Das Kind besucht den Elternteil mit Umgangsrecht alle 14 Tage von Freitagnachmittag bis Sonntagabend.
- Zudem hat dieser Elternteil die Möglichkeit, das Kind an zusätzlichen Besuchstagen zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten sowie in den Ferien zu sehen.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) fordert von beiden Eltern Loyalität, indem sie alles dafür tun, um Störungen im Eltern-Kind-Verhältnis zu vermeiden. Sollte das Kind den Wunsch haben, den anderen Elternteil nicht zu sehen, ist es wichtig, positiven Einfluss auf das Kind auszuüben.
Exkurs: Während der Ausübung des Umgangsrechts obliegt es dem umgangsberechtigten Elternteil zu bestimmen, wo das Kind sich aufhält, was es ißt und trinkt und mit wem es Kontakt hat. Wenn der umgangsberechtigte Elternteil während des Umgangs die Betreuung in die Hände von Dritten gibt, kann der andere Elternteil hiergegen nichts machen, es sei denn es liegt eine konkrete Kindswohlgefährdung vor. Eine solche ist aber nicht gegeben, wenn das Kind z. B. mit schmutziger Kleidung zurückgebracht wird.
Das Umgangsrecht wird trotz gerichtlicher Durchsetzung verweigert
Was passiert wenn die Mutter den Umgang verweigert?
Wenn die Mutter dem Vater das ihm zustehende Umgangsrecht verweigert, kann er das Gericht einschalten, um sein Recht einzufordern. Das Gericht hat die Autorität, in solchen Fällen den Umgang des Kindes zu regeln und entsprechende Anordnungen zu treffen (gemäß § 1684 Abs. 3 BGB).
Das Gericht trifft seine Entscheidungen immer gemäß dem Prinzip des Kindeswohls, wie im § 1697a BGB festgelegt. Es wird eine Umgangsregelung festlegen, die unter Berücksichtigung aller Umstände am besten dem Wohl des Kindes entspricht.
Falls die Mutter trotz einer gerichtlichen Umgangsregelung den Umgang weiterhin verweigert, kann dies mit einem Ordnungsgeld oder Ordnungshaft durchgesetzt werden.
Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2013 kann der Vater auch dann ein Umgangsrecht haben und durchsetzen, wenn er zwar der biologische, aber nicht der rechtliche Vater ist, wie es im § 1592 BGB definiert ist. Der rechtliche Vater kann der neue Ehemann der Mutter sein, zum Beispiel wenn er zum Zeitpunkt der Geburt bereits mit ihr verheiratet ist oder wenn er die Vaterschaft anerkannt hat. § 1686a BGB stärkt die Rechte der biologischen Väter. Demnach hat der biologische Vater ein Umgangsrecht, wenn er ein ernsthaftes Interesse am Kind gezeigt hat und der Kontakt im besten Interesse des Kindes ist.
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Ihre Christina Spohr
Fachanwältin für Familienrecht
Eine grundlose Umgangsverweigerung ist nicht ratsam
Unberechtigte Verweigerung des Umgangsrechts kann schwerwiegende rechtliche Folgen haben. Dazu gehören die Bestellung eines Umgangspflegers, Geldbußen, Haftstrafen, Entzug des Rechts zur Bestimmung des Aufenthalts, Kürzung oder Streichung des Ehegattenunterhalts sowie Entzug des Sorgerechts.
Was passiert wenn der Vater sich nicht an die gerichtliche Umgangsregelung hält?
Nach einer Trennung oder Scheidung kommt es häufig zu Streitigkeiten zwischen den Eltern über das Besuchsrecht der Kinder. Oft müssen Gerichte eine Regelung treffen. Doch was passiert, wenn der berechtigte Elternteil sich nicht an die vom Gericht festgelegten Zeiten hält und das Kind auch außerhalb dieser Zeiten besucht?
Das Kammergericht Berlin hat hierzu ein eindeutiges Urteil gefällt: Wer über die festgelegten gerichtlichen Besuchszeiten hinaus sein Kind kontaktiert, kann mit einem Ordnungsgeld rechnen. Außerhalb der festgelegten Zeiten ist solcher Kontakt untersagt, so die Richter. Die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) hat über den konkreten Fall berichtet.
Sonderfall: Umgangsrechte bei Umzug ins Ausland
Wenn beide Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben, haben sie auch das Recht, bei wichtigen Angelegenheiten und Entscheidungen, die das Kind betreffen, mitzusprechen. Ein Umzug eines Elternteils mit dem Kind ins Ausland ist eine solche Angelegenheit. Wenn der andere Elternteil nicht in eine solche Entscheidung einbezogen wird, kann dies zu einem Fall von internationaler Kindesentführung führen.
Wenn ein Elternteil das alleinige Sorgerecht für das Kind hat, ist grundsätzlich keine Absprache mit dem anderen Elternteil erforderlich. Die Familiengerichte sind der Meinung, dass der Elternteil, dem das alleinige Sorgerecht zugesprochen wurde, am besten in der Lage ist, wichtige Entscheidungen für das Kind zu treffen. Das Fehlen des Sorgerechts bedeutet jedoch nicht automatisch, dass der andere Elternteil kein Umgangsrecht mehr hat.
Auch beim Umzug des allein sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind ins Ausland bleibt das Umgangsrecht bestehen. Im Gegenteil, die Verantwortung und Verpflichtung des Elternteils, eine Verbindung zum Kind aufrechtzuerhalten, sowie das Recht des Kindes auf eine Beziehung zu beiden Eltern bleiben bestehen.
Umgangsrecht mit dem Vater: Kind will nicht
Das Kind hat nicht das Recht, den Umgang zu verweigern, auch wenn es dies wünscht. Kinder haben keinen gesetzlich definierten Anspruch auf Umgangsverweigerung. Es ist jedoch ratsam, den Wunsch des Kindes unter bestimmten Umständen zu respektieren. Generell sollte der Wille des Kindes umso mehr berücksichtigt werden, je älter es ist. Selbst bei Gerichtsentscheidungen spielt der Wille des Kindes im Laufe der Zeit eine zunehmend größere Rolle. Bei schwerwiegenden Gründen kann das Kind oder ein Elternteil sich an das Jugendamt wenden. Wenn jedoch keine wichtigen Gründe vorliegen, kann der Umgang nicht verweigert werden.
Wie werden Umgangs- und Sorgerecht im Falle einer Trennung bewertet?
Grundsätzlich können beide Elternteile frei entscheiden, wie das Umgangsrecht geregelt wird, insbesondere im Falle einer Trennung. Nur wenn es zu keiner Einigung kommt, wird der Umgang vor dem Familiengericht verhandelt.
Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben, wie das Umgangsrecht im Einzelfall gestaltet werden soll. Das Umgangsrecht beinhaltet das Recht, gemeinsame Zeit mit dem Kind zu verbringen, regelmäßig begrenzt Kontakt zu haben und gemeinsame Aktivitäten wie Wochenenden, Reisen, Ausflüge und Urlaubstage zu unternehmen. Auch postalische und telefonische Kontakte sind Teil des Umgangsrechts.
Die Regelungen zum Umgangsrecht hängen vom Alter des Kindes und der familiären und beruflichen Situation der Eltern ab. Für Kleinkinder beschränkt sich das Umgangsrecht in der Regel auf stundenweisen Kontakt am Tag, damit das Kind nicht auf die Mutter als Bezugsperson verzichten muss. Kinder ab etwa drei Jahren sollten regelmäßig beim nicht betreuenden Elternteil übernachten dürfen. Schulkinder dürfen regelmäßig übernachten, Wochenenden und Ferientage verbringen. Übernachtungen sind besonders sinnvoll, wenn die Eltern weit voneinander entfernt wohnen und das zeitlich begrenzte Umgangsrecht dadurch erschwert würde.
Kosten beim Umgangsrecht – Wer trägt die Fahrtkosten?
In der Regel ist der Elternteil, der den Umgang ausübt, verpflichtet, die Kosten für den Umgang mit dem Kind zu tragen. Kosten für Fahrten, Unterkunft und Verpflegung, dürfen nicht vom Unterhalt abgezogen werden, wie es oftmals viele Väter gerne tun würden. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in der Entscheidung des BGH (Bundesgerichtshof) NJW 199, 717. Eventuell ist es je nach Einzelfall möglich, erhöhte Umgangskosten bei der Einkommensbereinigung in Abzug zu bringen. Hier hat die Rechtsprechung verschiedene Kriterien erarbeitet. Das kann dann der Fall sein, wenn das Kind vom umgangsberechtigten Elternteil sehr weit entfernt wohnt und z. B. per Flugzeug den Umgang wahrnimmt.
Können Kinder beim Umgangs- oder Sorgerecht mitbestimmen?
Kinder ab 12 Jahren haben ein Mitspracherecht in bestimmten Angelegenheiten wie der Wahl des Wohnortes bei getrennt lebenden Eltern oder dem Umgangsrecht mit dem anderen Elternteil. Es ist wichtig, den Willen des Kindes zu respektieren und in Entscheidungen, die es betreffen, zu berücksichtigen. Dies wird auch in Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention festgehalten. Das Gericht hört aber auch regelmäßig jüngere Kinder zu ihren Wünschen an und macht sich ein Bild von den Kindern. Auch ein Kleinkind kann in einem gewissen Umfang schon sagen, bei wem es nach einer Trennung gerne wohnen würde.
Welche Familienangehörigen haben Anspruch auf Umgangs- und Sorgerecht?
Ein Kind hat das Recht, mit beiden Elternteilen Zeit zu verbringen. Das Familiengericht kann entscheiden, dass ein Elternteil regelmäßig Zeit mit dem Kind verbringen muss, wenn dies im besten Interesse des Kindes ist. Das Recht auf Umgang beinhaltet persönliche Treffen sowie Brief-, E-Mail- und Telefonkontakt.
Außerdem haben auch die Großeltern, Geschwister und enge Bezugspersonen des Kindes das Recht auf Umgang, wenn sie eine tatsächliche Verantwortung für das Kind tragen oder getragen haben (in der Regel, wenn das Kind längere Zeit mit ihnen zusammengelebt hat). Anderen Personen steht kein eigenes Umgangsrecht zu, aber der Umgang mit Personen, zu denen das Kind Beziehungen hat, kann ebenfalls im besten Interesse des Kindes sein. Die Eltern müssen daher den Umgang mit diesen Personen ermöglichen und unterstützen.
Wer hat nach dem Tod beider Elternteile das Sorgerecht?
Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass das Sorgerecht automatisch an Verwandte wie Geschwister, Onkel und Tanten oder Großeltern übergeht, wenn die Eltern sterben. Ebenso wird oft angenommen, dass Taufpaten automatisch das Sorgerecht haben. Doch das ist nicht der Fall.
Wenn minderjährige Kinder ihre Eltern verlieren, entscheidet ein Familiengericht über das Sorgerecht. Ein Vormund wird bestellt. Kinder ab dem 14. Lebensjahr haben das Recht, bei der Auswahl des Vormunds mitzureden. Deshalb ist es ratsam, dass Eltern vorsorgen und im Rahmen eines Testamentes verfügen, wer nach ihrem Tod das Sorgerecht für das Kind erhalten soll. Hieran ist dann das Gericht gebunden und darf von der Verfügung der Eltern nur abweichen, wenn das Kindswohl gefährdet ist. Das wäre z. B. dann der Fall, wenn die Eltern im Testament Großeltern zu Sorgeberechtigten bestimmt haben und diese Großeltern sind pflegebedürftig und stehen schon selbst unter Betreuung. In einem solchen Fall können die Großeltern das Sorgerecht nicht mehr ausüben.
Umgangsrecht mit neuem Partner – Was muss man beachten?
Das Umgangsrecht des Vaters gilt auch dann, wenn er eine neue Freundin hat. Es ist wichtig zu beachten, dass eine neue Partnerin allein kein Grund ist, den Umgang mit dem Kind zu verweigern. Es kann schwierig sein, den direkten Kontakt zur neuen Freundin zu verhindern. Das Wohl des Kindes hat jedoch oberste Priorität. In der Regel darf das Kind Kontakt zum neuen Lebensgefährten eines Elternteils haben, solange dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Oft hört man in der Beratung, dass man kein Problem habe, wenn das Kind zum Vater geht, die neue Freundin darf dann aber nicht da sein. Hier wird besonders deutlich, dass der andere Elternteil noch nicht auf der Elternebene angekommen ist. Sinn und Zweck des Umgangs ist, dass das Kind und der Elternteil Alltag miteinander erleben und zu diesem gehört die neue Freundin oder der neue Freund auch dazu. Schließlich will man den eigenen neuen Partner auch nicht vor seinem Kind verstecken müssen. Dies vergessen Eltern oftmals, weil der Trennungsschmerz noch zu groß ist.
Einschränkung oder Ausschluss des Umgangsrechts – Wann darf ein Elternteil das Umgangsrecht verweigern?
Kindeswohlgefährdung durch Misshandlung
Ein Umgangsrecht wird ausgeschlossen, wenn es dem Wohl des Kindes schadet. Dies kann in folgenden Fällen der Fall sein:
- Gewalt oder Kindesmissbrauch durch einen Elternteil
- Massive gewaltsame Konflikte zwischen den Eltern
- Gesundheits- oder lebensgefährdende Handlungen des umgangsberechtigten Elternteils am Kind
- Mangelnde Betreuung und Versorgung durch den umgangsberechtigten Elternteil
- Deutliche Ablehnung des Umgangs durch das Kind
Bevor das Umgangsrecht vollständig ausgeschlossen wird, sollten jedoch andere Maßnahmen in Betracht gezogen werden, wie zum Beispiel eine überwachte Umgangssituation.
Falls das Kind den Umgang ablehnt, kann ein trotzdem erzwungener Umgang das Wohl des Kindes gefährden.
Begleitender Umgang: Wenn der Umgang betreut werden muss
Eltern, die Umgangsrecht haben, haben Anspruch auf Beratung und Unterstützung (gemäß § 18 Abs. 3 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes), um ihr Recht auszuüben.
Der Begriff „begleiteter Umgang“ bezieht sich auf die überwachte Zeit, in der ein Kind Kontakt zu einem Umgangsberechtigten hat, der von einer neutralen Person beaufsichtigt wird.
Das Familiengericht kann in Fällen von Kindeswohlgefährdung durch denjenigen, der den Umgang sucht, den begleiteten Umgang anordnen (gemäß § 1684 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches). In besonders schweren Fällen kann das Umgangsrecht sogar ganz entzogen werden.
Es ist möglich, begleiteten Umgang beim Jugendamt oder anderen Einrichtungen der Jugendhilfe zu beantragen. Alternativ kann er auch durch eine private Vereinbarung zwischen den Sorgeberechtigten und demjenigen, der den Umgang sucht, erfolgen.
In bestimmten Situationen ist betreuter Umgang unvermeidlich. Dies ist besonders dann der Fall, wenn:
- Die beteiligten Personen nicht in der Lage sind, Vereinbarungen miteinander zu treffen.
- Es der Verdacht auf Misshandlung oder sexuellen Missbrauch des Kindes durch den Umgangsberechtigten besteht.
- Das Kind lange Zeit keinen Kontakt zum Umgangssuchenden hatte oder bisher noch nie Kontakt hatte.
- Demjenigen, der den Umgang sucht, nicht zugetraut wird, das Kind angemessen zu erziehen.
- Derjenige, der den Umgang sucht, psychisch krank oder drogenabhängig ist.
- Derjenige, der den Umgang sucht, sich extrem abfällig über den Sorgeberechtigten äußert.
Warum ist ein Anwalt bei der Durchsetzung des Umgangsrechts sinnvoll?
Ein Anwalt für Familienrecht ist besonders zu empfehlen, wenn ein Elternteil hartnäckig den Kontakt zum Kind verweigert. Falls weder eine Einigung mit Hilfe des Jugendamts noch der Kindesschutzbehörde erreicht werden kann und das Elternteil immer noch den Kontakt zum anderen Elternteil ablehnt, muss das Umgangsrecht vor Gericht durchgesetzt werden.
Ziel sollte jedoch sein, den Umgang im Interesse des Kindes einvernehmlich zu regeln. Dabei sollte man immer im Hinterkopf haben, dass das Kind Anspruch auf Umgang mit jedem Elternteil hat. Beim Umgangsrecht sind zunächst die Interessen des Kindes in den Vordergrund zu stellen und nicht die der Eltern. Eine außergerichtliche Einigung, die von beiden Eltern auch mit Hilfe ihrer Anwälte erarbeitet wurde, ist immer einfacher im Alltag zu leben, als wenn ein Gericht den Eltern eine Umgangspflicht auferlegt. Ein Fachanwalt für Familienrecht berät Sie umfassend zu allen weiteren Schritten und unterstützt Sie dabei, Ihr Recht vor dem Familiengericht durchzusetzen.