Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers stellte einen wichtigen Aspekt im Arbeitsrecht dar, worüber der Rechtsanwalt umfassend zu beraten hat. Mit der EuGH-Entscheidung von 2018 hat sich das Recht auf Verfall von Urlaub geändert. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat seine Rechtsprechung angepasst und klargestellt: Arbeitgeber müssen eine vorherige Mitteilung machen, bevor sie den gesetzlichen Urlaub verfallen lassen können, der während des Beschäftigungszeitraums eines Arbeitnehmers nicht in Anspruch genommen wurde – unabhängig davon, wie viele Jahre seit dem Einstellungsdatum vergangen sind.
Hierzu berichteten wir in unserem Beitrag: „Rechte der Arbeitnehmer gestärkt: Verfall und Verjährung von Urlaubsansprüchen im Arbeitsverhältnis erschwert!“
Zwischenzeitlich hat sich das BAG nun in seinem Urteil vom Urteil vom 31. Januar 2023 – 9 AZR 456/20 – auch zu der Frage positioniert, wie es um die Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen steht.
Was ist der Unterschied zwischen dem Urlaubsanspruch und der Urlausabgeltung
Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung unterscheidet sich vom traditionellen Erholungsurlaub insbesondere dadurch, dass der Erholungsurlaub auf eine Freistellung von der Arbeit zu Erholungszwecken bei entsprechender Entgeltfortzahlung gerichtet ist. Dahingegen ist die Urlaubsabgeltung im Ergebnis nur eine finanzielle Entschädigung, die nicht mit einem konkreten Erholungsbedürfnis einhergeht.
Resturlaub bei Kündigung: Auszahlung der Resturlaubstage?
Ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Abgeltung des nicht verbrauchten Urlaubs hat, richtet sich grundsätzlich nach § 7 Absatz 4 BUrlG. Danach ist Urlaub dann abzugelten, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.
Daraus folgt, dass eine Urlaubsabgeltung grundsätzlich ausscheidet, solange das Arbeitsverhältnis noch besteht. In diesem Fall ist dem Arbeitnehmer der Urlaub in natura zu gewähren. Abweichende Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind grundsätzlich unwirksam.
Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn der Urlaub wegen der Beendigung nicht vollständig gewährt werden kann. Auch in diesem Fall besteht ein Urlaubsabgeltungsanspruch nur dann, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich dazu in der Lage ist, den Urlaub im Falle der Weiterbeschäftigung auch anzutreten. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer dauerhaft erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist.
Wann schreibt das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) die Urlaubsabgeltung vor?
Das Bundesurlaubsgesetz schreibt eine Abgeltung des Urlaubs also dann vor, wenn das Arbeitsverhältnis endet und der Arbeitnehmer noch nicht den gesamten Urlaub genommen hat.
Beispiel: Das Arbeitsverhältnis wird zum 30. September 2023 gekündigt. Der Arbeitnehmer hat am 25. September 2023 noch 13 Tage Urlaub. Der Arbeitgeber stellt ihn bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich unter Anrechnung etwaiger Urlaubsansprüche frei. Da der Arbeitnehmer in einer 5-Tage-Woche im September nur noch 5 Tage gearbeitet hätte, können auch nur 5 Tage Urlaubstage angerechnet werden. Im Ergebnis sind also 8 Urlaubstage abzugelten.
Wie hoch ist der gesetzliche Urlaubsanspruch?
Auszugehen ist hier zunächst von der gesetzlichen Regelung – § 3 BUrlG.
Gemäß § 3 BUrlG beläuft sich der gesetzliche Urlaubsanspruch auf 24 Werktage in einer 6-Tage-Woche (Montag bis Samstag). Ist der Arbeitnehmer in einer
- 5-Tage-Woche tätig, reduziert sich der Mindesturlaubsanspruch auf 20 Werktage,
- 4-Tage-Woche tätig, reduziert sich der Mindesturlaubsanspruch auf 16 Werktage,
- 3-Tage-Woche tätig, reduziert sich der Mindesturlaubsanspruch auf 12 Werktage,
- 2-Tage-Woche tätig, reduziert sich der Mindesturlaubsanspruch auf 8 Werktage,
- 1-Tage-Woche tätig, reduziert sich der Mindesturlaubsanspruch auf 4 Werktage.
Liegt eine Schwerbehinderung vor, erhöht / reduziert sich der Urlaubsanspruch um einen Werktag je Wochenarbeitstage (Fünf-Tage-Woche = 5 Tage Zusatzurlaub) – § 208 Absatz 1 SGB IX.
Wie hoch ist der gesetzliche Mindesturlaub?
Der gesetzliche Mindesturlaub ist also davon abhängig, in welchem Umfang ein Arbeitnehmer regelmäßig tätig ist. Der Anspruch variiert zwischen 4 Werktagen in der 1-Tage-Woche und 24 Werktage in der 6-Tage-Woche (siehe hierzu: „Wie hoch ist der gesetzliche Urlaubsanspruch?„).
Regelmäßig vereinbaren der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer vertraglich zusätzlichen Urlaub über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus. 30 Werktage Jahresurlaub in einer 5-Tage-Woche sind durchaus üblich. Dies entspricht einem gesetzlichen Urlaubsanspruch von 20 Tagen und einem vertraglichen Anspruch von 10 Tagen. Ob der vertragliche Zusatzurlaub im Falle der Kündigung abzugelten ist, hängt von der Vereinbarung im Arbeitsvertrag ab. Ist nichts geregelt, bleibt der Anspruch in der Regel bestehen und ist ebenfalls abzugelten. Oft wird die Abgeltung des vertraglichen Zusatzurlaubs jedoch ausgeschlossen. Ob der Ausschluss wirksam ist, muss im Einzelfall geprüft werden.
Gesetzlicher Urlaubsanspruch bei Teilzeit: Wie sieht er aus?
Obwohl oft angenommen wird, dass Arbeitnehmer in Teilzeit bezüglich des Urlaubsanspruches benachteiligt sind, ist dies regelmäßig nicht der Fall. Der Mindesturlaub berechnet sich auch bei einer Teilzeitbeschäftigung nach dem Bundesurlaubsgesetz, wobei die Anzahl der Beschäftigungstage pro Woche von entscheidender Bedeutung ist. (siehe hierzu: „Wie hoch ist der gesetzliche Urlaubsanspruch?„)
Beispiel: Möchte ein Arbeitnehmer, der in einer 5-Tage-Woche beschäftigt ist, drei Wochen Urlaub machen, muss er 15 Urlaubstage einsetzen, um einen entsprechend langen Erholungszeitraum am Stück genießen zu können. Arbeiter ein Arbeitnehmer in einer 2-Tage-Woche, muss er lediglich sechs Urlaubstage einsetzen, um drei Wochen Erholung zu genießen. Diesem Umstand trägt § 3 BUrlG Rechnung, sodass im Ergebnis die Arbeitnehmer in Teilzeit nicht benachteiligt werden. Im Übrigen gilt der Urlaubsanspruch auch im Rahmen sogenannter Minijobs, so dass auch insoweit keine Benachteiligung vorliegt. Eine abweichende Behandlung kann sich im Hinblick auf den vertraglich gewährten Zusatzurlaub ergeben, wobei die meisten Arbeitgeber auch insoweit eine Umrechnung entsprechend § 3 BUrlG vornehmen. Hat ein Mitarbeiter in einer 5-Tage-Woche insgesamt 25 Tage Urlaub (20 Tage gesetzlicher Mindesturlaub und 5 Tage vertraglicher Zusatzurlaub), entfällt auf einen Arbeitnehmer in einer 2-Tage-Woche ein Anspruch von insgesamt 10 Urlaubstagen (8 Tage gesetzlicher Urlaub und 2 Tage vertraglicher Zusatzurlaub).
Zwingend ist eine „Gleichbehandlung“ bezüglich des vertraglich gewährten Zusatzurlaubs aber nicht.
Wann steht dem Mitarbeiter der volle Urlaubsanspruch zu?
Gemäß § 4 BUrlG wird der volle Urlaubsanspruch erst nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben. Erfüllt der Arbeitnehmer die Wartezeit nicht, regelt § 5 die Höhe des Urlaubsanspruches im Detail. Ist die sechsmonatige Wartezeit nicht abgelaufen oder scheidet der Arbeitnehmer nach der Wartezeit in der ersten Kalenderjahreshälfte aus, hat er lediglich Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat in einer 5-Tage-Woche Anspruch auf 20 Tage Urlaub. Er scheidet zum 31.03.2023 aus und er war im Januar, Februar und März 2023 durchgehend beschäftigt. In diesem Fall beläuft sich der Urlaubsanspruch auf 5 Urlaubstage ((20 Urlaubstage / 12 Monate) * 3 Monate).
Merke: Das Bundesurlaubsgesetz regelt nur den gesetzlichen Mindesturlaub, so dass bezüglich des vertraglich vereinbarten zusätzlichen Urlaubs eine abweichende Vereinbarung getroffen werden kann.
Wie viel Urlaubsanspruch bei Kündigung gemäß Arbeitsvertrag mit der „pro rata temporis“-Klausel?
Wie viel Resturlaub dem Arbeitnehmer bei einer Kündigung noch zusteht, hängt von dem Beginn, Beendigungszeitpunkt und der vertraglich getroffenen Regelung ab.
- Kurze Beschäftigung
Der volle gesetzliche Urlaubsanspruch entsteht erst nach einer Wartezeit von 6 Monaten – § 4 BUrlG (siehe hierzu: „Wann steht dem Mitarbeiter der volle Urlaubsanspruch zu?“) . Endet die Zusammenarbeit vor dem Ablauf der Wartezeit, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Zwölftel des gesetzlichen Urlaubs für jeden Monat, den das Arbeitsverhältnis bestanden hat. Dies gilt auch dann, wenn das die Beschäftigung in der zweiten Jahreshälfte endet.E - Entsteht der Urlaubsanspruch auch während der Probezeit?
Der gesetzliche Urlaubsanspruch entsteht auch während der Probezeit. Die Probezeit ist ein Bestandteil der Wartezeit, sodass der gesetzliche Urlaubsanspruch anteilig entsteht. Insoweit gelten keine Besonderheiten. - Beendigung in der ersten JahreshälfteEndet das Arbeitsverhältnis in der ersten Jahreshälfte, also spätestens am 30.06. eines Jahres, entsteht gemäß § 5 BUrlG ebenfalls nur ein Teilurlaubsanspruch. Für jeden Monat, den das Arbeitsverhältnis bestanden hat, erwirbt der Arbeitnehmer ein Zwölftel des gesetzlichen Mindesturlaubs. Endet ein Arbeitsverhältnis, das im Vorjahr begründet wurde, am 30.06. des laufenden Jahres, beläuft sich der gesetzliche Mindesturlaub in einer 5-Tage-Woche auf 10 Werktage ((20 Werktage / 12) * 6).
- Beendigung in der zweiten Jahreshälfte
Wird das Arbeitsverhältnis so gekündigt, dass es zwischen dem 01.07. und dem 31.12. eines Jahres endet, entsteht der gesamte gesetzliche Urlaubsanspruch für das laufende Jahr. Voraussetzung ist, dass die Wartefrist nach § 4 BUrlG erfüllt ist. Endet das Arbeitsverhältnis am 01.07. eines Jahres und ist die Wartefrist nach § 4 BUrlG erfüllt, so hat der Arbeitnehmer Anspruch auf den ungekürzten gesetzlichen Urlaubsanspruch. In einer 5-Tage-Woche hat der Arbeitnehmer also Anspruch auf 20 Werktage Urlaub, obwohl er nur bis zum 01.07.2022 gearbeitet hat. Abzuziehen ist selbstverständlich der Urlaub, den der Arbeitnehmer bereits genommen hat. - Vertraglicher Urlaub
Betreffend den vertraglichen Zusatzurlaub können die Parteien abweichende Regelungen treffen. So ist es üblich und zulässig, den vertraglichen Zusatzurlaub auch dann nur anteilig entstehen zu lassen, wenn das Arbeitsverhältnis in der zweiten Jahreshälfte endet.
Was gilt für den Urlaubsanspruch bei einer Kündigung durch den Arbeitnehmer?
Für den Resturlaub nach einer Kündigung ist es nicht von Belang, ob der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis gekündigt hat. Kündigt der Arbeitnehmer, bleibt sein Urlaubsanspruch bestehen. Wird der Urlaub bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht verbraucht, ist er abzugelten. Insoweit gilt bei einer Kündigung des Arbeitnehmers dasselbe wie bei einer Kündigung des Arbeitgebers. Entscheidend ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, egal wer die Kündigung ausgesprochen hat.
Was gilt für den Resturlaub bei einem Aufhebungsvertrag?
Wie mit dem Resturlaub in einem Aufhebungsvertrag umzugehen ist, hängt regelmäßig davon ab, ob es sich um eine kurzfristige Beendigung des Arbeitsverhältnisses handelt oder eine längere Kündigungsfrist einzuhalten ist. Auch kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer bis zum letzten Arbeitstag arbeiten soll oder aber einer Freistellung erfolgt. Regelmäßig stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit Abschluss des Aufhebungsvertrags bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses frei, sodass der Arbeitnehmer ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr arbeiten muss. Möchte der Arbeitgeber den Resturlaub in einem solchen Fall erledigen, kann er dem Mitarbeiter rechtzeitig Resturlaub gewähren oder ihn freistellen. Wichtig ist im Falle der Freistellung, dass es sich um eine unwiderrufliche Freistellung handeln muss. Eine widerrufliche Freistellung unter Anrechnung auf den Urlaub und etwaige Freizeitansprüche ist nicht möglich bzw. unwirksam. Wird in einem Aufhebungsvertrag eine wirksame Freistellung vereinbart, verliert der Arbeitnehmer für jeden (Arbeits-) Tag der Freistellung einen Urlaubstag. Reicht der Freistellungszeitraum nicht aus, um den gesamten Resturlaub zu verbrauchen, ist der Resturlaub abzugelten, zum Beispiel:
- wenn der Arbeitnehmer mehr Resturlaub hat als in der Kündigungsfrist verbraucht werden kann
- wenn der Arbeitnehmer während der Freistellung krank wird
Da die Resturlaubsansprüche erheblich sein können, sollte im Aufhebungsvertrag ausdrücklich geregelt werden, wie mit dem Resturlaub umgegangen wird (Freistellung, Urlaubsgewährung, Auszahlung des Resturlaubs nach Beendigung etc.). sofern der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber keine abweichende Vereinbarung in dem Aufhebungsvertrag treffen.
Vorsicht ist geboten bei sogenannte „Abgeltungs- und Erledigungsklauseln“, die oft Bestandteil eines Aufhebungsvertrages sind. Je nachdem, wie weit diese Abgeltungs- und Erledigungsklausel gefasst ist, können auch Resturlaubsansprüche betroffen sein. Zwar kann im laufenden Arbeitsverhältnis auf den gesetzlichen Mindesturlaub nicht verzichtet werden (§ 13 BUrlG), sehr wohl aber auf den vertraglich gewährten Zusatzurlaub. Bei der Formulierung eines Aufhebungsvertrags ist also auch in Bezug auf etwaige Urlaubsansprüche überlegt vorzugehen.
Muss der Arbeitgeber auch nach einer fristlosen Kündigung eine Urlaubsabgeltung zahlen?
Die Art der Kündigung hat auf den Urlaubsabgeltungsanspruch keine Auswirkung. Auch nach einer fristlosen Kündigung muss der Arbeitgeber daher eine Urlaubsabgeltung zahlen. Dies erklärt sich daraus, dass eine Kündigung zwar das Arbeitsverhältnis für die Zukunft beendet, aber dennoch keine Strafe darstellt. Bei einer fristlosen Kündigung endet das Arbeitsverhältnis mit Zugang der Kündigung; einen zusätzlichen Strafcharakter hat die Kündigung nicht. Stehen dem Arbeitnehmer noch Urlaubsansprüche zu, sind diese abzugelten. Dies gilt sogar dann, wenn der Kündigung eine Straftat, z. B. ein Diebstahl zugrundeliegt.
Was passiert mit dem Urlaub während der Kündigungsfrist?
- Grundsätzlich ist Urlaub in natura zu verbrauchen
Der Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist regelmäßig den restlichen Urlaub. Der Arbeitnehmer muss den restlichen Urlaub, sofern dies zeitlich möglich ist, nehmen. - Was gilt in Bezug auf den nicht genommenen Urlaub bei Krankheit und Beendigung des Arbeitsverhältnisses?Ist der Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder über den Beendigungszeitpunkt hinaus krank und deshalb arbeitsunfähig, kann er keinen Urlaub nehmen. Der Urlaub dient der Erholung von der Arbeit; ist der Arbeitnehmer krank, kann er sich nicht im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes erholen. Entsprechend bestimmt § 9 BUrlG, dass die durch ärztliches Zeugnis während des Urlaubs nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden. Der Urlaub bleibt bei andauernder Arbeitsunfähigkeit also bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unverändert bestehen.
- Was geschieht mit dem Urlaub, wenn mich der Arbeitgeber nach der Kündigung freistellt?
Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach der Kündigung frei, so kann eine Anrechnung des Urlaubsanspruchs nur dann erfolgen, wenn die Freistellung unwiderruflich ist. Behält sich der Arbeitgeber vor, den Arbeitnehmer weiterhin zur Arbeit heranzuziehen, kann der Arbeitnehmer nicht frei über seine Zeit verfügen. Aufgrund dieser „Bereitschaft“ kann der Arbeitnehmer nicht uneingeschränkt planen, sodass eine Anrechnung von Urlaubsansprüchen nicht in Betracht kommt. Ebenso die Anrechnung aus, wenn der Arbeitnehmer krank und damit nachgewiesen arbeitsunfähig ist – § 9 BUrlG.
Urlaubsabgeltung berechnen: Wie wird bei der Auszahlung der Urlaubstage gerechnet?
Endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass der Arbeitnehmer den Urlaub verbrauchen konnte, ist der Resturlaub abzugelten – § 7 Absatz 4 BUrlG. Unter einer Urlaubsabgeltung ist der Ersatz von Urlaub, den der Arbeitnehmer nicht genommen hat, in Geld zu verstehen. In welcher Höhe tatsächlich Urlaubsabgeltung beansprucht werden kann, richtet sich nach § 11 BUrlG. Gemäß § 11 Absatz 1 BUrlG bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen (3 Monate) vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat. Ausgenommen ist das zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsverdienst. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Zum Arbeitsentgelt gehörende Sachbezüge, die während des Urlaubs nicht weiter gewährt werden, sind für die Dauer des Urlaubs angemessen in bar zu vergüten.
Entscheidend ist somit zunächst, die Zusammensetzung des Gesamtarbeitsverdienstes. Zu berücksichtigen ist hierbei das monatliche Arbeitsentgelt zuzüglich etwaiger Zulagen, etwa Schicht-, Gefahren- und Schmutzzulagen. Außer Betracht bleiben dahingegen angefallenen Überstundenvergütungen, Spesen, Gratifikationen oder auch Urlaubsgeld, welches vom Urlaubsentgelt strikt zu trennen ist. Unberücksichtigt bleiben weiter Verdienstkürzungen, welche infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten.
Nach Feststellung des Gesamtverdienstes in den letzten 13 Beschäftigungswochen (3 Monate), berechnet sich das Urlaubsentgelt sodann wie folgt:
(Gesamtarbeitsverdienst in den letzten 13 Wochen / 65 Arbeitstage) x bestehende Urlaubstage.
Beispiel: Das Arbeitsverhältnis endet zum 30. Juni 2010. Dem Arbeitnehmer verbleiben 8 Urlaubstage. Im Juni 2010 hat der Arbeitnehmer 2.500,00 Euro verdient, im Mai und April 2010 jeweils 3.000,00 Euro. Der Gesamtverdienst des Arbeitnehmers betrug in den letzten 13 Wochen 8.500,00 Euro. Bei Zugrundelegung der vorgenannten Formel ergibt sich ein Abgeltungsanspruch in Höhe von 1.046,15 Euro, im Einzelnen:
(8.500,00 Euro / 65) x 8 = 1.046,15 Euro.
Im Falle eines Teilzeitarbeitsverhältnisses verringert sich die wöchentliche Arbeitszeit entsprechend, sodass die Formel angepasst werden muss. Ist der Arbeitnehmer etwa nur an drei Tagen in der Woche beschäftigt und beträgt die regelmäßige Arbeitszeit in dem Betrieb 5 Tage in der Woche, so müsste die Formel lauten:
(Gesamtarbeitsverdienst in den letzten 13 Wochen / 39 Arbeitstage) x bestehende Urlaubstage.
Die 39 Arbeitstage errechnen sich wie folgt: 13 Wochen á 3 Arbeitstage = 39 Arbeitstage
Wie läuft die Urlaubsabgeltung bei Krankheit und Beendigung des Arbeitsverhältnisses?
Kann ein Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit bis zum Ende des Urlaubsjahres nicht arbeiten, verfällt der gesetzliche Urlaubsanspruch grundsätzlich nicht. Bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bleibt der gesetzliche Urlaubsanspruch zunächst bestehen. Für eine Dauererkrankung hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch spätestens 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahrs verfällt. Dies gilt auch, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers über den 31. März des übernächsten Jahres hinaus ununterbrochen andauert (BAG, Urteil vom 18.09.2012, 9 AZR 623/10). Endet das Arbeitsverhältnis bevor der Arbeitnehmer wieder arbeitsfähig wird, d. h. er die Chance hatte, den Urlaubsanspruch in Natur zu verbrauchen, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Urlaub auszahlen.
Der Urlaubsanspruch verfällt nicht in jedem Fall nach 15 Monaten, vielmehr gibt es hierzu neue Entwicklungen in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Lesen Sie hier mehr zum Thema „Verfall von Urlaub“!
Kann Resturlaub verfallen?
Tatsächlich sieht das Gesetz vor, dass Urlaubsansprüche verfallen können. Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer den Jahresurlaub nämlich während des laufenden Urlaubsjahres nehmen. Verbraucht der Arbeitnehmer den Urlaub nicht im laufenden Jahr, verfällt er zum Jahresende – § 7 Absatz 3 BUrlG. Dies betritt zunächst den gesetzlichen Mindesturlaub. Soweit der vertragliche Zusatzurlaub betroffen ist, gelten die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes dahingegen nicht unmittelbar. Der Verfall des Urlaubs zum Jahresende ist jedoch nicht zwingend. Beachtliche Ausnahmen greifen etwa dann, wenn der Urlaub wegen Krankheit oder aber aus dringenden betrieblichen Gründen nicht genommen werden konnte.
Darüber hinaus muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufklären,
- dass der Urlaub zum Ende des Jahres bzw. des Übertragungszeitraums genommen werden muss,
- da die Urlaubstage andernfalls ersatzlos verfallen.
Lesen Sie hier Einzelheiten zum Thema „Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) und Verfall von Urlaub“!
Muss man beim Thema Urlaubsabgeltung Übertragungsfristen nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) beachten?
Ja, Übergangsfristen können sich auch auf den Urlaubsabgeltungsanspruch auswirken. Sowohl bei vielen Arbeitnehmern als auch bei vielen Arbeitgebern besteht der Irrglaube, dass Urlaub, der im Urlaubsjahr nicht genommen wurde, automatisch auf das folgende Kalenderjahr übertragen wird. Diese Annahme ist unzutreffend. Gemäß § 7 Abs.3 Satz 1 und 2 BUrlG geht Urlaub, der nicht bis zum 31.12. eines Jahres genommen wird. Dies ist regelmäßig nur dann nicht der Fall, wenn
- dringende betriebliche Gründe oder
- dringende Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen
- eine Übertragung auf das Folgejahr rechtfertigen.
Zum Thema „Übertragung von Resturlaub in das Folgejahr“ verweisen wir auf unserem Beitrag „Rechte der Arbeitnehmer gestärkt: Verfall & Verjährung von Urlaubsansprüchen im Arbeitsverhältnis erschwert!“
Endet ein Arbeitsverhältnis etwa am 31.03. eines Jahres und hat der Arbeitnehmer am 31.12. des Vorjahres den Urlaub noch nicht verbraucht, so verfällt der Urlaub aus dem Vorjahr, so dass der Arbeitnehmer mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch keine Urlaubsabgeltung mehr verlangen kann.
Vorsicht ist hier insbesondere dann geboten, wenn der Arbeitnehmer vor dem Jahresende gekündigt wird und in der Hoffnung, den Resturlaub ausbezahlt zu bekommen, den Urlaub nicht bis zum Jahresende nimmt. Insoweit sollte unbedingt auf eine Klarstellung bzw. Vereinbarung hingewirkt werden, um nachteilige Überraschungen zu vermeiden.
Kann der Urlaub verjähren?
Das Bundesarbeitsgericht hat erst im Dezember 2022 klargestellt, dass der Urlaubsanspruch grundsätzlich nach drei Jahren verjährt. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht ebenso klargestellt, dass die dreijährige Verjährungsfrist erst dann zu laufen beginnt, wenn
- der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und
- die Verfallfristen belehrt hat und
- der Arbeitnehmer den Urlaub in Kenntnis des drohenden Verfalls aus freien Stücken nicht genommen hat.
Hierzu berichteten wir in unserem Beitrag:
Gilt dies auch für die Verjährung des Urlaubsabgeltungsanspruches nach Kündigung?
Nein, diese besonderen Voraussetzungen sollen nach der aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts für die Verjährung des Urlaubsabgeltungsanspruches nicht gelten. Der Urlaubsabgeltungsanspruch verjährt also auch dann, wenn der Arbeitgeber der Arbeitnehmer nicht ausdrücklich auf die drohende Verjährung hingewiesen hat.
Zur Erinnerung: Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses! Es handelt sich um einen „anderen“ Anspruch, der von dem Urlaubsanspruch strikt zu trennen ist. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dient insoweit als geistige Trennwand. Für diesen „neue“ Urlaubsabgeltungsanspruch gilt folgerichtig eine „eigene“ Verjährungsfrist.
Solange das Arbeitsverhältnis besteht, befindet sich der Arbeitnehmer in einer bestimmten Zwangslage. Er ist von dem Arbeitgeber abhängig und bedarf daher eines besonderen Schutzes durch den Gesetzgeber bzw. der Arbeitsgerichte. Aus dieser strukturellen schwächeren Stellung des Mitarbeiters hat auch der EuGH ursprünglich die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers in Bezug auf den Urlaub hergeleitet. Sobald das Arbeitsverhältnis endet, löst sich auch die Abhängigkeit auf, so dass von einem strukturellen Ungleichgewicht nicht mehr in besonderem Maße gesprochen werden kann. Dies wird nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass sich der Anspruch auf Freizeit mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einen Anspruch auch Zahlung umwandelt. Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer streiten nicht mehr über Erholungsansprüche, sondern „nur“ noch über Geld.
Dann aber gibt es keinen Grund, diesen Geldanspruch nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist zu unterstellen.
Wann verjährt der Anspruch auf Urlaubsabgeltung?
Arbeitnehmer in Deutschland sollten betreffend den Urlaubsabgeltungsanspruch ihre Rechte und Pflichten nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) beachten, wonach Ansprüche auf Urlaubsabgeltung gemäß § 195 BGB nach drei Jahren verjähren. Die Frist beginnt mit dem Jahr zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist. Bei einem Urlaubsabgeltungsanspruch also grundsätzlich mit dem Ende des Jahres, in welches das Arbeitsverhältnis geendet hat.
Beispiel: Hat das Arbeitsverhältnis im August 2019 geendet, ist der Urlaubsabgeltungsansprüche mit Ablauf des 31.12.2022 verjährt.

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Als Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht bin ich spezialisiert auf arbeitsrechtliche Beratungen und Auseinandersetzungen. Neben dem klassischen Arbeitsrecht (Kündigung, Abmahnung, Aufhebungsvertrag, Arbeitsvertrag etc.) berate und vertrete ich Sie in Angelegenheiten des Sozialversicherungsbeitragsrecht (Scheinselbständigkeit, Gesellschafter-Geschäftsführer, Kommanditisten, Freelancer, Statusfeststellungsverfahren etc.). Rufen Sie mich einfach unter 07132 355 90-0 an oder nutzen Sie die Online-Anfrage (rechts unten am Bildschirmrand) oder unser Kontaktformular. Ich helfe Ihnen schnellstmöglich!
Ihr Giuseppe D’Antuono
Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht
Verjährt der Urlaubsabgeltungsanspruch immer nach drei Jahren?
Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 31.01.2023 eine Ausnahme formuliert, die in der Praxis wohl keine große Rolle spielen dürfte.
Im konkreten Fall hatte war das Arbeitsverhältnis zum 19. Oktober 2015 beendet worden. Aufgrund der damals geltenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hätte der Kläger seine Urlaubsabgeltungsansprüche für die Jahre 2010 bis 2014 nicht erfolgreich gerichtlich durchsetzen können. Dementsprechend stellte das Bundesarbeitsgericht in seinem aktuellen Urteil vom 31.01.2023 klar, dass von dem Kläger im Jahr 2015 nicht erwartet werden durfte, dass er seine Ansprüche auf Urlaubsabgeltung für die Jahre 2010 bis 2014 gerichtlich geltend macht.
Bis November 2018 hatte das Bundesarbeitsgericht nämlich nicht die Auffassung vertreten, dass die Urlaubsansprüche nicht automatisch verfallen würden. Eine Wende in der Rechtsprechung leitete schließlich das EuGH-Urteil vom 06. November 2018 ein, das im Kern vorgab, dass Urlaubsansprüche nur dann verfallen können, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten erfüllt hat.
All im Jahr 2018 noch nicht verjährten Urlaubsabgeltungsansprüche konnte nach entsprechender Auslegung im November 2018 noch nicht verjährt sei. Allerdings hätten die Ansprüche dann noch im Jahr geltend gemacht werden können, da der Anspruch nunmehr erkennbar gewesen sei. Folgerichtig habe die Verjährungsfrist Ende 2015 zu laufen begonnen und die Ansprüche seien dennoch teilweise Ende 2018 verjährt, da die Klage erst im Februar 2019 erhoben worden sei.
Es handelt sich hier um eine Besonderheit des konkreten Einzelfalles. Für die weit überwiegenden Fälle darf festgehalten werden:
Mit Ablauf des 31.12.2022 dürften alle Urlaubsansprüche, die im Jahr 2019 oder vorher entstanden sind, verjährt sein.
Kann die Verjährung bei Urlaubsabgeltungsansprüchen gehemmt werden?
Bei dem Urlaubsabgeltungsanspruch handelt es sich grundsätzlich um einen „normalen“ Zahlungsanspruch. Es geltend die üblichen Regelungen des BGB zur Hemmung, zur Ablaufhemmung und zum erneuten Beginn der Verjährung – §§ 203 ff. BGB. Übliche Sachverhalte, die zur Hemmung der Verjährung führen, sind etwa:
- Verhandlungen zwischen den Parteien über einen Anspruch (§203 BGB)
- Erhebung der Klage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB)
- Zustellung eines Mahnbescheids (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB)
Die Prüfung, ob im Einzelfall tatsächlich Ansprüche auf Urlaubsabgeltung verjährt sind, ist komplex. Die Hinzuziehung eines spezialisierten Fachanwalts für Arbeitsrecht wird dringend angeraten.
Für Fragen rund um das Thema Urlaubsabgeltung steht Ihnen Fachanwalt für Arbeitsrecht Giuseppe D’Antuono gerne zur Verfügung.